Logbuch

DIE LEICHTIGKEIT DES SEINS.

Wer die Position des Schiffs ins Logbuch einträgt und die Gewalt der Stürme vermerkt wie die Ödnis der Flaute, der kümmert sich wenig darum, wie all das auf einen Leser wirken mag. Chronistenpflicht. Es stehen inzwischen fast zweitausend solcher Glossen hier, die Tintenkleckserei etlicher Jahre; in letzter Zeit allerdings oft über politische Themen. Politisch Lied, garstig Lied. Zeit für Erfreulicheres.

Reden wir über die Freuden eines bescheidenen Stammlokals, das zum zweiten Wohnzimmer taugt; ein Familienbetrieb, nun in Hand des Sohnes des Migranten aus dem Italienischen, der den Laden einst gründete. Domenico, der Vater, der kurz vorbeischaut, erzählt mir, dass seine Familie auch in Italien zugewandert war und er deshalb dort den Spitznamen El Greco trug. Und der Duce habe seiner Großmutter mal die Hand geküsst. Aber wir politisieren nicht. Weil wir beide von niemandem Heil erwarten. Aber das ist, siehe oben, eine andere Geschichte.

Am frühen Nachmittag hatte sich Fabrizio, sein Sohn, auf meinem Handy gemeldet. Er sei gerade auf dem Großmarkt und habe ein besonders prächtiges Exemplar von Wolfsbarsch vor sich; ob wir heute Abend Lust auf Fisch hätten. Gute Idee! Als ich den Loup de Mer dann im Lokal sehe, bin ich begeistert. Das Luder ist von Armeslänge. Ein Zettelchen weist ihn als Anglerbeute aus. Kein Horror der Fischfarmen, in denen der Norweger an Lachse asiatisches Fischmehl verfüttert, angereichert mit Antibiotischem. Fischmüll. Ein stolzer Räuber des Mittelmeers zeigt mir seine Zähne.

Zubereitung denkbar einfach: unter einer dicken Salzkruste in den Pizzaofen, dann am Tisch aus dem Salz gebrochen und vorsichtig filetiert. Das Fleisch ist zart wie Eischnee, aber doch fest und von wunderbarem Geschmack. Ein Tropfen Öl, etwas Zitrone und frisch gestoßener schwarzer Pfeffer. Dazu einen großen Weißen aus Sizilien. Habe ich erzählt, dass die körperreichen sizilianischen Weine über Jahrhunderte heimlich die französische Plörre aufmotzten, für die dann ein Vermögen gegeben wurde?

Was mir an dem kleinen Restaurant gefällt: Es ist unscheinbar. Ich werde nicht das Lied darauf singen, was hier an Prominenz verkehrt. So was lockt nur Touristen. Ich werde nicht mal den Namen verraten. So hoffe ich der Stammgast mit dem Stammessen zu bleiben, ein alter weißer Mann unter vielen. Und ab und zu ein Wolfsbarsch. Auch zu empfehlen, die gerösteten Kalbsnierchen. Oder das Selleriecarpaccio; wegen vegan. Ahoy.

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INDOLENZ.

Nicht nur bei der sagenumwobenen MAFIA, in jedem ordentlichen Laden mit operativen Belangen gibt es ihn, den Mann für‘s Grobe. Kann auch weiblich sein; dann eher noch böser. Er oder sie sind von Berufs wegen schmerzfrei. Gelegentlich nennt er sich Familienanwalt, manchmal Hausmeister oder Türsteher, meist aber Medienbeobachter. Hinweis: Diese Einschätzung ist hoch kontrovers.

Es wird in diesen Tagen an die BARSCHEL-AFFÄRE erinnert und einen Medienbeobachter der damaligen Zeit namens Reiner Pfeiffer. Ich habe Journalisten gekannt, die regelmäßig mit ihm persönlich gearbeitet haben (oder er mit ihnen; das weiß man nie so genau). Pfeiffer war ein übler „agent provocateur“; er hatte den Auftrag, den SPD-Konkurrenten von Barschel (CDU) zu marodieren und scheute keine Niedertracht. Rufmord war sein Geschäft; Medien seine Kollaborateure. Das alles kann man nachlesen.

Der Politiker Barschel hatte den indolenten Medienbeobachter Pfeiffer angestellt und dessen Schmutzkampagnen zumindest geduldet; es gab zudem Verbindungen zu Waffenlobbyisten und Geheimdiensten. Für Barschel endete (nach EHRENWORT) das Ganze tragisch; er ertrank in der Badewanne von Zimmer 12b im Hotel Beau Rivage in Genf. Der STERN hatte das Foto auf dem Titel. Über den Medienbeobachter und seine verlängerte Werkbank in die Redaktionen ging die Zeit hinweg.

Ich hatte seiner Zeit meinem Berufsverband einen Fehdehandschuh hingeworfen. Es ging mir um die Frage, ob der betreffende Herr nach Ansicht des Fachs vom Fach sei. Ist auch das, was hier passiert, war meine Frage, PR? Es war klar, dass man dies seitens der Verbandsonkels als Provokation durchschaute und nicht über‘s Stöckchen sprang. So wie die GRÜNEN jetzt im Fall GELBHAAR nicht über‘s Stöckchen springen. Fragwürdig erscheint mir nur die These, dass die unglückliche Denunziantin von Herrn Gelbhaar MdB eine freidrehende Alleintäterin sei. Wahrscheinlicher scheint mir ein Indolenter im Halbdunklen und der RBB als dessen geübter Partner und zugleich nützlicher Idiot. Meine Meinung.

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WIRD SCHON WAS HÄNGENBLEIBEN.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter der Intendanz von Ex-Regierungssprecherin Ulrike Demmer hat einen Rufmord an einem Bundestagsabgeordneten der Grünen begangen, der an Dämlichkeit nur schwer zu übertreffen ist; der Fehler passierte einer der feministisch gestimmten Journalistinnen des Senders unteren Rangs, ist aber so typisch, dass sie sich ihn zurechnen lassen muss. Man kann sich die Details einer Schmutz-Kampagne wegen vermeintlicher sittlicher Verfehlungen eines Mannes sparen und auf das Typische gehen, nämlich die vorschnelle Verleumdung statt gründlicher Recherche.

Eine parteiinterne Neiderin hatte ein angebliches Opfer eines angeblichen Fehlverhaltens frei erfunden und in dessen frei erfundenen Namen eine EIDESSTATTLICHE VERSICHERUNG vorgelegt; womit den Trotteln vom RBB der Tatsachenbeweis erbracht schien und die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten in die Tonne gehauen werden konnten. Die EV sei ja strafbewehrt. Der Recherche anderer Medien erst fällt dann auf, dass die Adresse nicht stimmt und niemand die Person kennt, es die Frau am Ende gar nicht gibt. Man vernimmt daraufhin die Motivation, dass es bei solchen Vorwürfen im Zweifel halt gegen den Angeklagten zu gehen habe.

Genau da liegt der Skandal. Verdacht reicht, sprich Verdächtigung. So ist der Stand des Gewerbes. Etwas bleibt dann immer hängen. Stimmt nachdenklich. Angemerkt sei, dass der letztendliche Nutznießer der durchsichtigen Intrige der hochgelobte Wahlkampfmanager von Robert Habeck sein soll, das Ganze also wieder nach der einschlägigen Trauzeugenkultur der Grünen riecht. Das ist aber, wie Kipling sagt, eine andere Geschichte. Bleiben wir beim Juristischen oder dem, was der Laie wissen sollte. Eine EV gilt dem Laien ja als Glaubhaftmachung besonderer Güte, als ein Eid, zu dem die berühmten drei Finger gehoben werden und hochnotpeinliche Strafe droht, sollte gelogen worden sein. Gemach, zunächst mal ist eine EV ein Stück Papier, nicht mehr.

Ich habe schon Lügner mittels falscher EV Strafen kassieren sehen, aber dann galt die EINSTWEILIGE VERLEUGNUNG der Justiz; das ist etwas anderes als so einer Triene vom SFB. Und ich habe manche Lügner damit prahlen sehen, dass man natürlich bereit sei, eine EIGENE VALSCHAUSSAGE zu unterzeichnen. Vor dem Hintergrund, eine Belastungszeugin nur als Stimme am Telefon zu kennen, aber noch nie getroffen oder andernorts dokumentiert gesehen zu haben, ist die EV wenig wert, zumal wenn nicht mal die Adresse stimmt, dürfte einiger Zweifel angebracht sein. Es wurde aber bezichtigt, der Rufmord also vollzogen. Jetzt wurden die falschen Beschuldigungen mit einem kleinen „UPS!“ wieder gelöscht.

Ich würde keine falsche EV abgeben, jedenfalls nicht ohne Not, aber schon gar keine annehmen. Frau Demmer, das UPS ist uns nicht gut genug. Nicht für unser Geld. Nicht für Ihre Ansprüche an sich selbst. Und nicht für das erneute Opfer einer notorischen Schlamperei.

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DAS LEERE BLATT.

Ich berate zur Zeit keine Zeitung. Meint: keine Redaktion. Gott schütz die Kunst! Was würde ich dem leeren Blatt aus dem Süden raten, fragte es ausgerechnet mich um Rat? Es fragt nicht, schon gar nicht mich, aber nur mal so gesponnen. Die Simulation eines Mandates.

Stelle als Blatt alles in Frage, aber niemals den Informantenschutz. Wer nach einer Indiskretion in einem Micky-Maus-Dienst durch einen einzelnen, Marvin genannten Schülerzeitungsredakteur die komplette Redaktion ausforschen lässt, stellt klar, dass er bei jedwedem Druck auf die Redaktion seine Informanten enttarnen lässt. Einer solchen Redaktion gibt man als Informant nichts mehr. Das Blatt ist leer.

Ich lese Rat von anderen Redakteuren in den Sozialen Medien, dergestalt dass man vertrauliche Kommunikation nicht über den Mailserver des Verlages laufen lasse. Das zeigt aber nur das ganze Elend, wenn ich am Ende nur noch der privaten Person des Redakteurs trauen kann und der von seinem Verlag in den Regen gestellt wird. Dann gehe ich als Whistleblower doch lieber zu einem anderen Blatt. Oder in ein Trappistenkloster.

Nebenbemerkung für naiv beseelte Denunzianten: Lass es ganz. Ich kenne keine Whistleblower, denen das Glück gebracht hat. Weitere Nebenbemerkung: Es gibt immer einen Bias, sei es über den Verlag oder den Verleger oder die Rechtsabteilung oder deren Anwälte. Wenn Du als Informant auf Vertrauen angewiesen bist, lass es ganz.

Wenn Du als Redaktion eine Kampagne gegen böse Mächtige in der Politik führen willst, lass es bitte nicht wie eine Kampagne aussehen. Man trägt seine Intention nicht als Vorsatz vor sich her. Und man erwägt vor dem ersten Schritt den letzten, für den Fall, dass das Ding ärschlings geht. Versäum ich das, sehe ich sonst wie ein Idiot aus, nur weil ein vermeintlicher Nazibub seinen großen Bruder bemüht hat oder die braune Heraldine akademisch eben kein Treschen. Ohne Strategie geht es nie. Du stehst sonst da wie ein leeres Blatt.

Schütze Deine eigenen Leute. Wenn Du als braver Redakteur kein PR kannst, lass es die machen, die es können. Es gibt für ein solches Zusammenspiel von weißer Redaktion und schwarzer PR ja historische Fallbeispiele. Falle also nicht selbst auf den journalistischen Mythos rein, dass man sich seiner Feinde nur durch Lauterkeit zu erwehren habe. Das mag ja in einer besseren Welt so sein, dass Tintenklecksen hilft, aber nicht in dieser. Und, ganz wichtig zu sagen, schütze Deine Leute vor ihren Gegnern und dann auch vor sich selbst.

Das alles ist bloß aus dem Schulbuch. Ich habe keine Insider-Kenntnisse. Persönliche Anmerkungen erspare ich mir, vor allem Anmerkungen zu Personen. Das hilft einem leeren Blatt nicht. Jedenfalls jetzt nicht. Gott schütz die Kunst!